Abflug in die USA: 17.08.12 Rückflug nach Deutschland: 28.06.13

Montag, 17. Februar 2014

Offizielle Beendigung dieses Blogs // Abschlussbericht

Bei diesem Blog herrscht seit Monaten Eiszeit. Allerdings wollte ich mich noch mal bei allen bedanken, die sich für meine Erfahrungen in den USA interessiert und mich mit Fragen gelöchert haben. Hier nun mein Abschlussbericht für den Bundestag als offizielles Ende dieses Blogs.



 „Und plötzlich erzählt Dir jemand – nachdem Du Dein ganzes Leben lang gehört hast, dass Bäume grün sind, sie seien rot.“

Bericht über mein Austauschjahr in den Vereinigten Staaten von Amerika mit dem Parlamentarischen Patenschafts-Programm (PPP).

Mein Name ist Laura Lütt, ich bin achtzehn Jahre alt und wohne in Cuxhaven. Mithilfe des Parlamentarischen Patenschafts-Programms vom Deutschen Bundestag und Amerikanischen Kongress habe ich das vergangene Schuljahr in Detour Village, Michigan, verbracht. Es war eine für mich lebensverändernde Erfahrung, über die ich gerne berichten will.


Bekanntermaßen ist eine der einflussreichsten Kräfte unserer Zeit die Globalisierung. Wir rücken enger zusammen auf dieser Welt – auf unzähligen Gebieten. Um die bedeutungsvollsten zu nennen: Wirtschaft und Politik, insbesondere die Lösung transnationaler Probleme, wie Finanzen, Sicherheit und Umweltbelange sowie Armut und Gesundheit der Weltbevölkerung.

Trotz der vermeintlichen Nähe, die aufgrund von schnelleren Reise- und Kommunikationswegen entstanden ist, besteht der Planet immer noch aus unterschiedlichen Völkern mit noch verschiedeneren Kulturen. Um eine reibungslose Zusammenarbeit gewährleisten zu können, müssen nicht nur die verschiedenen Sprachen, sondern auch Verhaltensweisen „übersetzt“ werden. Dieses ist natürlich nur möglich, wenn jemand die Gepflogenheiten in den entsprechenden Ländern kennt und sich mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden auseinandergesetzt hat. Das Ziel meiner Ausführungen dürfte bereits ersichtlich sein: Damit wir als globale Gesellschaft funktionieren, brauchen wir Experten, die zwischen den Ländern vermitteln können. Aufgrund dessen sollte das Interesse junger Menschen an anderen Nationen gefördert werden. Der nächste Schritt in die richtige Richtung ist die Unterstützung von Programmen, die es Schülern und Studenten ermöglichen, einen Austausch zu machen. Denn hierbei handelt es sich nicht nur um eine persönliche Erfahrung, sondern um einen Beitrag der weite Kreise zieht.

Das waren noch nicht die Gedanken, die ich mir im August 2011 gemacht hatte, als ich mich für das Stipendium des Parlamentarischen Patenschafts-Programms bewarb. Für mich stand zuerst das Erlebnis der amerikanischen Kultur und das weitere Erlernen der Sprache im Vordergrund, bevor ich mir über den ganzen Effekt des Austauschjahres bewusst wurde. Natürlich hatte ich schon jahrelang davon geträumt, einmal in den Vereinigten Staaten leben zu dürfen, doch die beachtlichen Kosten sowie die Vorstellung, ein Jahr von meinem gewohnten Umfeld entfernt zu sein, hielten mich zunächst davon ab, ernsthafte Unternehmungen zu diesem Thema aufzunehmen.

Im Jahr 2009 bekam ich dann die Möglichkeit, ein Vierteljahr bei einer Gastfamilie in der französischsprachigen Schweiz zu verbringen. Deren Tochter kam im Frühjahr zu uns, und im Spätsommer machte ich mich auf den Weg an den Genfer See. Ich erlebte eine sehr schöne Zeit, doch mein „Auslandshunger“ war noch lange nicht gestillt.

Die USA waren von jeher schon ein widersprüchliches, aber trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – interessantes und faszinierendes Land für mich. Auf das PPP wurde ich durch meine Eltern aufmerksam, die mich seit jeher bei all meinen Bestrebungen ins Ausland zu gehen unterstützt hatten. Mit nicht all zu viel Hoffnung füllte ich die umfangreichen Bewerbungsunterlagen aus, die mir von der Kölner Austauschorganisation Partnership International zugeschickt wurden, aus bzw. ließ sie von den zuständigen Personen wir Ärzten, Lehrern und Eltern vervollständigen.

Einige Zeit später wurde ich dann zu einem Auswahlgespräch nach Hamburg eingeladen. Dort traf ich dann einige andere Mitbewerber, von denen ich den Eindruck gewann, sie hätten sich schon viel intensiver mit dem Thema Austausch auseinandergesetzt als ich. Bevor das eigentliche Interview begann, wurde schon über Organisationen und Stipendien gefachsimpelt, von denen ich noch nicht einmal gehört hatte. Doch es zählte nur das Hier und Jetzt, und ich beschloss, das Beste aus meiner Chance zu machen. Natürlich war ich nervös, aber ich konnte ein solides Wissen über die Vereinigten Staaten und die deutsch-amerikanischen Beziehungen vorweisen, sowie mit meiner Diskussionsfreude zum Gespräch beitragen. Ich ging mit einem guten, doch nicht zu guten Gefühl nach Hause.

Einige Zeit später – im Januar – flatterte dann der heiß ersehnte Umschlag ins Haus: Ein Brief von Partnership International, in welchem mir zum Erhalt des Stipendiums gratuliert wurde. Damit verbunden war auch die Ankündigung des Vorbereitungsseminars in Würzburg, welches im Mai stattfand. Während dieser Woche lernte ich rund 60 andere PPPler kennen und lernte viel über das bevorstehende Jahr. Wir diskutierten ausgiebig über Politik und Weltgeschehen, und ich freute mich sehr darüber, endlich mal einen so großen Kreis an Menschen kennenzulernen, die ähnliche Interessen haben wie ich. Ebenso beschäftigten uns ähnliche Gedanken im Vorlauf des Austausches, weshalb schnell sehr enge Freundschaften entstanden, die auch während des Auslandsjahres sowie heute noch intensiv bestehen. Die gemeinsame bzw. vergleichbare Erfahrung verbindet einfach und ich denke, manche Dinge können nur von anderen Austauschschülern nachvollzogen werden.

Ein weiteres Thema der Vorbereitungswoche war der Antrag für das Visum. Das Ausfüllen der Unterlagen war zwar etwas kompliziert – zudem ist es fraglich, wer denn die Frage nach dem Betreiben von terroristischen Aktivitäten und Menschenhandel bejahen würde – aber die Erlangung des Visums selbst war nicht so schwer. Meine Eltern und ich hatten uns dazu entschieden, nach Frankfurt zu fahren, da die Terminlage in Berlin bekanntlich eher schlechter ist. Ich konnte das Konsulat nach gut einer Stunde – inklusive Anstehen und Sicherheitskontrolle sowie Gesprächen mit den Beamten – bereits wieder verlassen.

Mittlerweile waren alle Formalitäten soweit geklärt – bis auf die wichtigste: Meine Gastfamilie. Ein paar Tage vor Abflug veranstaltete ich eine kleine Abschiedsfeier mit meinen engsten Freunden und während des Abends erreicht mich die E-Mail, dass eine passende Familie für mich gefunden wurde. Die Familie Galarowic besteht aus Sara, Jeff und dem damals 9-jährigen Wyatt sowie Hund Gree und wohnt in einem 325-Einwohner-Ort am Huronsee in Michigan. Kanada ist eine Stunde entfernt, ebenso der nächste größere Ort mit Einkaufsmöglichkeiten. Ob es sich bei der Abgeschiedenheit um einen Nachteil handelte, werde ich später noch diskutieren.

Einige Tage später saß ich nach langem Hin und Her, was denn wirklich mitgenommen werden muss, endlich auf gepackten Koffern. Meine Eltern brachten mich morgens am 17. August nach Hamburg und verabschiedeten mich am dortigen Flughafen. So schlimm war das für mich eigentlich nicht – die Vorfreude auf das, was kommen sollte, war einfach größer als der Abschiedsschmerz. In Frankfurt traf ich dann auch die anderen Austauschschüler wieder und wir bereiteten uns gemeinsam auf unseren Flug nach Chicago O'Hare vor.

Sicherheitscheck und offizielle Einreise in die USA waren nicht ganz so kompliziert, wie ich es mir ausgemalt hatte. Von Chicago in Illinois (welches eine beeindruckende Skyline hat) ging es dann weiter nach Grand Rapids in Michigan – der Flug dauerte bloß 45 Minuten und ging über den Michigansee, der aus der Vogelperspektive sehr schön anzusehen war. Dort, wo sich in Michigan nicht einer der rund 11.000 Seen befindet, ist meistens Wald. Im Zielstaat angekommen, wurden wir von einem Repräsentanten von der Organisation FLAG abgeholt – Tim Swope. Er war bereits nach Würzburg gekommen, um uns dort auf unser Jahr vorzubereiten und auch während des Austausches war er für unsere Betreuung zuständig. Tim ist ein unglaublich netter Mensch, hat für alles ein offenes Ohr und erledigt seinen Job sehr gewissenhaft. Ben, ein PPPler der auch nach Detour Village kommen sollte, und ich übernachteten bei Familie Swope (ich war bis zu diesem Zeitpunkt bereits 48 Stunden wach). Am nächsten Tag ging es dann los auf die sechsstündige Fahrt „up North“, also von der unteren auf die obere Halbinsel Michigans.

Abends dort angekommen, traf ich das erste Mal meine Gastfamilie. Es ist schon eine beeindruckende Vorstellung, dass eine Familie jemanden mehr oder weniger zufällig aussucht und für zehn Monate wie sein eigenes Kind behandeln möchte, ohne dafür den geringsten finanziellen Ausgleich zu bekommen. Es ist toll, dass es solche Menschen gibt und ich bin meiner amerikanischen Familie zutiefst dankbar dafür.
Sara ist Lehrerin an der örtlichen Schule und Trainerin des Volleyball-Teams, zu dem ich dann selbstverständlich auch gleich dazugehörte. Ich muss dazu sagen, meine Fähigkeiten in diesem Sport liefen zu Beginn des Jahres gegen null, aber mir wurde ans Herz gelegt, in den Staaten neue Dinge auszuprobieren, welches ich auch gern tun wollte. Wir haben jeden Tag trainiert und dazu kamen noch die Spiele und Turniere und zum Ende der Saison hatte ich mich stark verbessert. Zudem sind die Mädchen im Team meine Freunde geworden – Sport verbindet. Allerdings liegt das auch daran, dass fast alle Mädchen in dem Alter in diesem und dann später auch im Basketball-Team waren.

Unsere Schule war ja bloß sehr klein. Neben den knapp 50 Schülern der High School tummelten sich gut 150 Kinder der Middle und Elementary School sowie des Kindergartens in dem Schulgebäude. Eigentlich ist jeder mit jedem befreundet (oder zumindest sollte versucht werden, sich mit jedem zu verstehen). In unserem Jahrgang waren wir 18 Schülerinnen und Schüler, wovon fünf Austauschschüler waren: Ein Thailänder, ein Vietnamese, ein Schotte und Ben und ich aus Deutschland. Zwei Wochen nach unserer Ankunft begann der Unterricht und bis dahin kannte ich schon die halbe Schule – einerseits vom Sport, andererseits weil Detour ein so kleiner Ort ist, in dem neue Menschen sofort auffallen und meistens auch mit offenen Armen empfangen werden.

Landschaftlich ist es dort übrigens sehr schön. Im Sommer kommen einige Touristen, aber im Winter wenn auch mal -30°C herrschen und bis Muttertag Schnee fällt, kann es doch etwas einsam werden. Dann drückt die Abgeschiedenheit doch ein wenig auf das Gemüt, da es doch etwas langweilig werden kann, doch ansonsten würde ich die Lage von Detour am östlichen Ende der Upper Peninsula nicht unbedingt als negativen Aspekt meines Austausches sehen. Natürlich muss man sich erst einmal an die stundenlangen Autofahrten gewöhnen, selbst wenn man nur zu McDonald's oder ins Kino möchte.

Doch die Menschen halten hier zusammen, man ist füreinander da. Das Engagement der Eltern in der Schule ist beispielsweise um einiges größer als in Deutschland. Ein eindrucksvolles Beispiel resultierte aus einem schrecklichen Unfall. Am Tag nach der Beerdigung ihres Großvaters verunglückte der Vater meiner besten Freundin schwer bei einer Explosion auf seinem Grundstück auf Drummond Island. Diese Insel liegt direkt vor Detour und ist durch eine Fähre angebunden und die Kinder gehen in Detour zur Schule. Bei dem Unglück wurde Mike schwer verbrannt und musste erst mit dem Boot zum Festland, um von dort weiter mit einem Hubschrauber zu einem Krankenhaus gebracht zu werden. Er wurde aufgrund der Schwere seiner Verletzungen sofort zum Klinikum der University of Michigan geflogen und musste dort einige Monate auf der Intensivstation verbringen. Glücklicherweise hat er überlebt, und die Familie hatte viel Unterstützung von der Gemeinde. Zum Beispiel haben wir in der Schule Kuchen und Kekse verkauft, die die Einwohner von Detour und Drummond gebacken haben oder es wurde ein Benefiz-Dinner veranstaltet, bei dem es auch eine Auktion gab. Der Erlös – mehrere tausend Dollar – kam der Familie zugute. Bei so etwas legen die Amerikaner ein Engagement und eine Selbstverständlichkeit an den Tag, die ich in Deutschland so nicht kannte.

Die Schule in den USA ist für deutsche Austauschschüler generell eher ein Ort, um Freunde zu finden als zu lernen. Zum einen, weil der Fokus in dem Jahr eher auf dem Erleben der Kultur liegen soll, zum anderen, weil der Anspruch in amerikanischen Schulen weit unter denen eines deutschen Gymnasiums liegt. Das liegt daran, dass alle gemeinsam zur High School gehen und nicht nach Leistung unterschieden wird – es wird höchstens auf Kurse verschiedener Leistungsstufen aufgeteilt. Von daher ist man manchmal schon etwas überrascht von dem Wissensstand mancher Mitschüler. Besonders natürlich, was Europa und Deutschland angeht – oder eigentlich alles, was außerhalb der Vereinigten Staaten liegt. Selbst die Nachrichten im Fernsehen sind sehr stark auf inneramerikanische Dinge konzentriert, weshalb man über manche Fragen nicht schockiert sein darf, obwohl man gerne lauthals loslachen würde. Meine Mitschüler bekundeten viel Interesse an meiner Heimat, aber es fehlt ihnen oft halt einfach die Möglichkeit, sich aus erster Hand über das Ausland zu informieren. Dort versuchte ich, Abhilfe zu schaffen. Ich hielt beispielsweise Präsentationen, kochte typisch deutsche Gerichte wie Kartoffelpuffer, Schnitzel oder Kalter Hund (welcher es ihnen sehr angetan hatte) für meine Freunde und Verwandten oder brachte ihnen meine Heimatstadt in Bildern näher. Ebenso versuchte ich auch, noch beim gefühlt tausendsten „Und, wo gefällt es dir besser, in Deutschland oder Amerika?“, noch ruhig und gelassen zu erklären, dass die beiden Länder so nicht einfach zu vergleichen sind und die Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzuzeigen.

Im September, also ca. einen Monat nach meiner Ankunft, besuchte uns die erste Austauschschülerin meiner Gastfamilie – Nina aus Österreich. Sie blieb für eine Woche und es war interessant, von ihren Erlebnissen zu hören, welche sie ja im gleichen Umfeld gemacht hatte. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und mittlerweile habe ich sie diesen Sommer sogar in Wien besucht, wo sie studiert. Ich finde es super, dass ich durch den Austausch auch Freunde in anderen Ländern (und nicht nur dem Gastland) dazugewonnen habe – Nina ist nur ein Beispiel.

Neben Volleyball habe ich auch Basketball ausgeübt, welches mit Abstand die beliebteste Sportart an meiner Schule war. Der ganze Ort ist zu den Spielen der Mannschaften gekommen und der Teamgeist sowie die Stimmung waren unbeschreiblich. Hier liegt der Vorteil, wenn Sport wettkampfmäßig durch Schulmannschaften betrieben wird. Allerdings ist dann natürlich die Auswahl nicht so groß und die Saison dauert nur ein paar Monate. Das ist natürlich anders in Deutschland, wo wir in Sportvereinen ein größeres Angebot haben.

Im Frühjahr gab es dann auch endlich Leichtathletik, die ich ja in Deutschland schon seit ca. zehn Jahren betreibe. Aufgrund von zu viel Training hatte ich mir aber leider „shin splints“ zugezogen – zu Deutsch Schienbeinkantensyndrom. Deshalb muss ich seitdem leider mit dem Laufen pausieren und habe mehr Zeit im Kraftraum verbracht.

Während der Frühlingsferien sind meine Gastfamilie, eine Freundin von mir und ich nach Washington, D.C., gefahren – sie hatten sie und mich dazu eingeladen. Während des ganzen Jahres über hat meine amerikanische Familie sehr oft die Kosten für Dinge übernommen, die ich eigentlich selbst zahlen sollte und wollte. Doch sie sehen mich als ihre Tochter und wollten sich das nicht nehmen lassen. Auf dem Weg dorthin haben wir in Detroit und Somerset übernachtet, auf dem Rückweg in Toledo und Saginaw. Washington ist eine faszinierende Stadt, und auch nach einer Woche habe ich sicherlich nur einen Bruchteil kennengelernt. Man befindet sich einfach im Zentrum der Macht der Vereinigten Staaten von Amerika und es ist ein unglaubliches Gefühl, die ganzen Monumente, das Weiße Haus sowie das Kapitol in echt sehen zu können. Natürlich gab es auch andere Dinge zu sehen, wie die Smithsonian Museen und das Ford Theater. Man konnte auf jeden Fall merken, dass diese Stadt nicht einfach so entstanden ist, sondern geplant wurde – beispielsweise das U-Bahn-Netz ist sehr übersichtlich. Alles ist ordentlich und auch in der Innenstadt ziemlich sauber. Am ergreifendsten fand ich die Besuche des Arlington Nationalfriedhof und der Vietnamkrieg-Gedenkstätte. Bei letzterem sprach jemand meinen Gastvater an, der früher für die Air Force Nuklearwaffen bewacht hatte. Er trägt immer ein Baseballcap der Air Force, weshalb dieser junge Mann in der Menschenmenge stehenblieb, ihm die Hand schüttelte und sich bei ihm für seinen Dienst bedankte. Jeff sagte mir später, dass dies ab und zu vorkomme, doch ich fand es an diesem Ort sehr ergreifend, obwohl kein direkter Zusammenhang bestand. Amerikaner haben eine ganz andere Beziehung zu ihrem Militär als wir Deutschen, doch in dieser Situation fühlte ich mich paradoxerweise sehr amerikanisch.

Ich würde nicht sagen, dass ich einen richtigen Kulturschock erfahren habe. Aufgrund unseres jungen Alters können wir Austauschschüler uns noch ziemlich schnell und gut an die neuen Gegebenheiten anpassen. Doch manchmal musste ich mich schon neu orientieren und meine Wertvorstellungen überdenken. Dieses doch sehr komplizierte Gefühl habe ich versucht auf eine einfachere Ebene zu übertragen, indem ich mir das Beispiel mit dem roten und grünen Baum überlegt habe. Man muss einfach akzeptieren, dass es andere Kulturen gibt, und darauf vorbereitet sein, dass dort andere Regeln herrschen.

Es gibt noch so viele Erfahrungen, von denen ich hier gerne berichten würde. Ich bin unglaublich glücklich darüber, diesen Austausch gemacht zu haben, denn ich habe nicht nur über Amerika gelernt, sondern auch ganz viel über mich selbst. Besonders gefallen hat mir die „Wir-schaffen-das-Mentalität“ der Amerikaner, die positive Herangehensweise. Ende Juni diesem Jahres sind wir wieder in Deutschland gelandet, und ich bin froh, dass ich diesem Land lebe. Wir haben hier einen Standard, den man nicht immer angemessen schätzt, zum Beispiel was die soziale Sicherheit, die Bildung oder das Gesundheitssystem angeht. Nichtsdestotrotz könnte ich mir jederzeit wieder vorstellen, nochmal ins Ausland zu gehen. Ich bin gereift in dem vergangenen Jahr und viel erwachsener geworden. Ich freue mich auf die Zukunft, und habe nicht das Gefühl, mich irgendwo einordnen zu müssen. Wieso auch? Was sind wir? Deutsche? Amerikaner? Im Grunde genommen sind wir doch auch alle gleich. Um es mit den Worten des Künstlers Sting zu sagen: „We share the same biology – regardless of ideology.“

Zu guter Letzt möchte ich mich beim Deutschen Bundestag – insbesondere bei Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär und MdB – und beim amerikanischen Kongress bedanken, dass sie dieses Programm ins Leben gerufen haben und weiterhin unterstützen. Mir wurde eine unbezahlbare Erfahrung ermöglicht. Ebenso danke sagen möchte ich für die Arbeit der Austauschorganisationen Partnership International und Foreign Links Around The Globe, von denen ich mich sehr gut betreut gefühlt habe, sowie meiner Familie, die mich bei diesem und allen anderen Vorhaben in meinem Leben immer unterstützt hat. Der Dank gilt auch meiner amerikanischen Familie sowie meinen Freunden dort.




Laura Lütt


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